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Keine Aufhebung ohne Urteilsbegründung
No setting aside without reasoning
Axel Buhr;
in: dRSK, 10.07.2023
Das besprochene Urteil des Schweizer Bundesgerichts hat die Beschwerde gegen einen unbegründeten Schiedsspruch zum Gegenstand, der in einem internationalen Schiedsverfahren mit Sitz in der Schweiz ergangen war. Die Parteien hatten dem Erlass eines unbegründeten Schiedsspruchs zugestimmt – mit weitreichenden Folgen:
- Im Einklang mit seiner bisherigen Rechtsprechung sah sich das Schweizer Bundesgericht an die Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Schiedsspruch gebunden.
- Die Bindungswirkung erstreckte sich dabei dabei auch auf die Verfahrensgeschichte. Im vorliegenden Fall war das Schweizer Bundesgericht daher nicht bereit, den Verlauf des Schiedsverfahrens anhand des Vorbringens der Parteien oder der Akten zu überprüfen, was für die Beurteilung der Anfechtungsgründe erforderlich gewesen wäre.
- Zumindest in Fällen, in denen der Erlass eines unbegründeten Schiedsspruchs im Einklang mit den von den Parteien vereinbarten Verfahrensregeln steht, sieht sich das Schweizer Bundesgericht folglich auch an das Fehlen einer Sachverhaltsdarstellung gebunden. In den Worten des Bundesgerichts macht die Zustimmung der Parteien zum Erlass eines unbegründeten Schiedsspruchs die Überprüfung des Schiedsspruchs auf Verfahrensfehler durch das Bundesgericht de facto “unzugänglich”.
Für Parteien gilt daher folgender Ratschlag: Seien Sie vorsichtig bei der Zustimmung zu Verfahrensregeln, die darauf abzielen, die Effizienz von Schiedsverfahren in extremer Weise zu optimieren. Die Zustimmung kann dazu führen, dass das einzige “echte” Rechtsmittel, das nach der Schweizer lex arbitri gegen internationale Schiedssprüche zur Verfügung steht, unzugänglich wird.